Smartphones und Co. und die Privatsphäre
Stand: November 2020Warum ich Smartphone und Tablet verändere
Jedes Betriebssystem hat Fehler oder Schwachstellen, die von Schadsoftware ausgenutzt wird, um Spionagesoftware nachzuinstallieren. Diese Fehler werden nach und nach erkannt und die entsprechenden Softwareteile bekommen eine Nachbesserung. Google verteilt die fehlerbereinigten Teile von Android und die Hersteller flechten das in ihre Version von Android für ihre Geräte ein und verteilen dann Updates. Aber leider erstellen sie Updates für ein Gerät nur eine Zeitlang, oft nur 2 Jahre, denn viele Verbraucher kaufen sich neue Geräte, die alten sind "out".
Fassen wir nochmal alle Übel zusammen:
- Google spioniert Dich aus
- Die Geräte-Hersteller tun das meist auch
- Bloatware, also nutzlose Apps, versaut das Gerät
- Viele Apps laufen immer und brauchen Strom
- Updates sind nur für eine relativ kurze Zeit verfügbar
- Kaum eine Möglichkeit, daran etwas zu ändern
Das alles zusammengenommen hat schon vor Jahren eine ganze Menge Smartphone-Nutzer gewurmt und eine Handvoll Leute, die programmieren konnten, sind in die Tiefen von Smartphone und Co eingestiegen und haben das Innenleben erforscht. Solange, bis sie wussten, was man machen kann, um eigene Versionen von Android auf die Geräte zu schieben. Dann nahmen sie das freie Android und entwickelten daraus für viele Geräte angepasste Versionen. Und weil die Google-Apps dem Copyright von Google unterliegen, machten sie ihre Android-Versionen eben ohne Google-Apps. Damit war eine Smartphone-Variante entstanden, die nicht spioniert. Diese Android-Version heißt heute "LineageOS".
Viele Apps gibt es kostenlos, aber trotzdem wollen die App-Entwickler Geld sehen. Deshalb entwickeln sie z.B. kostenlose Versionen einer App, die gerade so zum Ausprobieren reicht, damit der Ausprobierer die kostenpflichtige Vollversion kauft. Oder: die App bietet Zusätze an, die man aus der App heraus kaufen kann. Oder: Apps sind kostenfrei, aber sie sammeln Daten, um Werbung personalisiert gezielt anzubieten. Klickt der Benutzer, fließt Knete. Gern wird auch folgendes gemacht: der App-Programmierer lässt Datensammelsoftware in seine Apps mit einfließen, wofür ihn der Empfänger der Daten bezahlt. "Tracker" nennt man diese Softwareteile. Oder die Apps knallen dem Benutzer direkt Werbung um die Ohren bzw. Augen ...
Es gibt aber jede Menge Programmierer und technisch Versierte, denen jedes Geschäft egal ist, sie programmieren aus Spaß an der Freude und stellen ihre Produkte kostenfrei und als Opensource zur Verfügung. Und weil jeder, der Programmcode lesen kann, diese Software auf etwaige Schädlinge oder Träcker kontrollieren kann, sind die entstehenden Apps kostenlos und OK. Es hat sich eine Einrichtung entwickelt mit den Namen F-Droid, die einen App-Store vorhält, in dem man ausschließlich "saubere" Apps kostenlos bekommt.
(Opensource: Als Open Source (aus englisch open source, wörtlich offene Quelle) wird Software bezeichnet, deren Quelltext öffentlich und von Dritten eingesehen, geändert und genutzt werden kann. Open-Source-Software kann meistens kostenlos genutzt werden.)
Wenn man das jetzt alles zusammennimmt, dann muss man als jemand, dem seine Privatsphäre wichtig ist und der Werbung hasst, auf seinem Smartphone LineageOS installieren und ausschließlich Apps von F-Droid benutzen, oder?
Zusatzbemerkungen
Wenn jemand jetzt LinageOS auf seinem Smartphone hat, dann heißt das nicht, dass er mehr Rechte hat als beim Google-Android. Das bleibt alles gleich. Es gibt nur weniger Apps, die alle Rechte haben und keine davon will dem Benutzer schaden. Es gibt aber eine Möglichkeit, alle Rechte zu erlangen. Der Administrator bei Linux heißt "root" und wenn man alle Rechte erlangt, dann nennt man den Vorgang "rooten". Dazu wird eine Spezial-App dem System untergeschoben, über die man anderen Apps alle Rechte zuschanzen kann. Beispiel: es ist nicht möglich, eine System-App zu löschen, denn die System-Partition ist schreibgeschützt. Wenn mein Gerät gerootet ist und ich einen Dateimanager anweise: "Lösche diese Datei in der System-Partition", dann kommt die Frage (ähnlich wie bei Windows) "Möchtest Du zulassen, dass der Dateimanager root-Rechte bekommt?" Das muss ich dann bejahen und die Datei ist weg.
Ganz praktisches Beispiel: bei Samsung-Geräten findest Du meist die 3 Navigationstasten unter dem Bildschirm. Den betreffenden Rand kannst Du nicht gut anfassen, weil Du dann regelmäßig eine von den 3 Tasten berührst. Wenn ich eine Zeile in einer bestimmten Systemdatei ergänze, dann hat das Gerät nach dem nächsten Neustart eine Navigationsleiste im Bildschirm, wie alle anderen Geräte. Wenn ich dann noch in einer weiteren Datei die 3 Navigationstasten von Samsung stilllege, kann man endlich mit dem Samsung-Dingern ordentlich arbeiten. Geht aber nur, wenn das Gerät gerootet ist.
Google möchte, dass die Benutzer solcher Android-Geräte alle Daten bei Google speichern. Das ist alles soweit eingerichtet, dazu legt sich ja jeder ein Google-Mail-Konto an. (Warum eigentlich? Geht doch auch ohne ...) Nun bauen die Hersteller von Android-Hardware gern SD-Karten-Schlitze in ihre Geräte ein und viele Benutzer fanden das früher prima, denn so konnten sie ihre Daten darauf speichern und bei Inbetriebnahme eines neuen Gerätes gleich mitnehmen. Das war Google ein Dorn im Auge und deswegen hat die Firma Android so verändert, dass die SD-Karte nicht mehr beschrieben werden kann. Jetzt kann man sie normalerweise nur als Speichererweiterung nutzen. Und weil Google auch gleich eine Verschlüsselung der Daten eingeführt hat, sind die SD-Karten auf einem anderen Gerät nicht nutzbar. Man kann sie nur neu formatieren. Mit LineageOS kann man SD-Karten normal beschreiben und mit root sowieso ...
Playstore
Was ist denn jetzt, wenn man Apps aus dem Playstore haben will und die entsprechenden Apps sind nicht mehr da? Dafür hat jemand eine eigene App geschrieben, die Aurora heißt und die von F-Droid installiert werden kann. Das geht gut, hat aber den Nachteil: man kann keine App kaufen und es gibt keine Käufe aus einer App heraus. Bereits gekaufte App kann man aber aus dem Playstore herunterladen. Zusätzlich bietet die App ein anonymes Einloggen beim Playstore an, damit Google nicht mitbekommt, was ich denn für ein Gerät habe und was für Apps ich benutze.
Push
Und noch etwas ist anders: es gibt ohne die Google-Dienste kein "Push" mehr. Was das ist? Du kennst SMS: diese Nachrichten werden Dir auf's Handy "geschoben", ob Du willst oder nicht. Das ist "Push". Normalerweise arbeiten Nachrichten-Apps wie Whatsapp oder Threema per Push, aber die Apps merken schon, wenn kein Push geht, sie weichen dann auf "Poll" aus: selbst (alle einstellbare Zeitspanne) nachsehen, ob neue Nachrichten vorhanden sind. Also: kein Problem!
Trackerschutz
Es gibt eine Möglichkeit, Apps mit eingebauten Tracker zu benutzen, ohne dass diese Daten weitergeben können: man verbietet ihnen die Internet-Verbindung. Das kann man mit der App "AFWall", die allerdings ein gerootetes Gerät voraussetzt oder mit der App "Netguard", die es auch ohne root tut. Das klappt aber nur mit Apps, die keine Internetverbindung brauchen, wozu viele Spiele gehören.
Browser
Auf Android-Geräten ist immer installiert der Google-Browser "Chrome", der natürlich genau das tut, was Google braucht: Daten sammeln! Es geht auch ganz anders und viel komfortabler: man installiert den Browser "Firefox" und installiert bei dem die Add-ons "Adblock-Plus" und "Android_new_tabs_in_foreground". Dann rufst Du die Seite "startpage.com" auf, legst ein Lesezeichen dafür an und drückst 3 Sekunden auf die Suchleiste. Dann erscheint eine Abfrage, ob Du Startpage als Suchanbieter hinzufügen möchtest. Möchtest Du. Jetzt tippst Du auf "Einstellungen/Suche" und löschst alle Suchanbieter bis auf Startpage. Danach kannst Du alle Suchbegriffe in die Adressleiste eingeben: Startpage gibt sie an Google weiter und die Ergebnisse wieder an Dich zurück. Google weiß durch diesen Umweg nichts von Dir. Wenn Du in den Suchergebnissen auf einen Link klickst, wird er automatisch in einem neuen Tab geöffnet (Normal-Einstellung von Startpage) und dann Add-on wird Dir dieser Tab sofort gezeigt. Ist das Ergebnis auf dieser neuen Seite nicht das, was Du gesucht hast, klickst Du auf "Zurück": der neue Tab verschwindet und Du bist ohne Nachladen sofort wieder auf der Suchergebnisseite. Das ist Komfort! Hinweis: "Adblock-Plus" lässt nicht-nervende Werbung durch, das kannst Du in deren Einstellungen verhindern. Dann lebst Du fast werbefrei ...Update 1
Das Addon "Android_new_tabs_in_foreground" funktioniert leider nur bis Firefox 68. Ich bleibe vorerst bei der Version.
Update 2
Es gibt bei Webseiten oft Flächen, die im Sichtfenster bleiben, egal, wie Du scrollst. Diese Flächen haben das Attribut "sticky). Wenn Dich das nervt, dann sieh Dir mal diese Seite an: ghacks.net/2018/08/16/remove-anything-that-is-sticky-on-websites
javascript:(function () { var i, elements = document.querySelectorAll('body *'); for (i = 0; i < elements.length; i++) { if (["sticky", "fixed"].includes(getComputedStyle(elements[i]).position)) { elements[i].parentNode.removeChild(elements[i]); } } })();
Diesen Code kopierst Du, dann tippst Du mit recht auf die Lesezeichenleiste und wählst "Neues Lesezeichen". Den Code fügst Du in die Adresszeile ein und das Lesezeichen braucht einen prägnanten Namen.
Solltest Du jetzt eine Seite im Browser haben mit irgendwelchen Flächen, die immer im Sichtbereich bleiben, dann klickst Du auf das Lesezeichen und weg sind die Flächen.
Links
Die alternative App-Quelle, aber nur für Android-Geräte. Auf der Seite findest Du die Fdroid-App, die Du runterladen und installieren musst/solltest. Dein Smartphone oder Tablet mault rum, dass dies nicht sicher ist und wenn, dann müsstest Du erlauben - erlaube es! Nach dem ersten Start lädt diese App die Liste der verfügbaren Apps herunter und danach kannst Du Dir was aussuchen. Leider ist die derzeitige App-Version sehr Hipp und deshalb unübersichtlich. Von mir kannst Du eine ältere Version für ältere Benutzer bekommen. Dann darfst Du natürlich diese App nicht aktualisieren ...
https://reports.exodus-privacy.eu.org/en/
Eine Einrichtung, die sich auf das Aufspüren von Trackern in Apps spezialisiert hat. Suche doch mal nach Apps, die Du selbst benutzt. Gib auch Spiele-Apps von den Kindern ein.
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