Tag 27 - Dienstag
5 Uhr 30: bin schon wach, aber nicht wegen der Kinder. Die schlafen lange, weil sie ja erst spät zum Schlafen kamen. Aber die Krähen sind schon früh auf und suchen sich jetzt das Frühstück, wobei sie sich lautstark unterhalten.
Das Wetter heute morgen ist grandios: strahlender Sonnenschein und es ist richtig warm. Das nutze ich aus und lege das Zelt vor dem Verpacken zum Trocknen aus, denn die nächste Nacht brauche ich es nicht. Danach erst fahre ich los Richtung Rosyth und damit zur Fähre.
Auf der Fahrt komme ich am "Dollarmuseum" vorbei, allerdings hat das nichts mit dem Geld zu tun: der Ort, in dem es sich befindet, heißt Dollar und das Museum ist einfach nur das Heimatmuseum. Das Ortschild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung darüber interessiert mich mehr.
Ich habe diesen Weg bewusst gewählt, weil ich auf ihm von Norden her nach Dunfermline komme (Rosyth ist eigentlich nur ein Stadtteil davon) und den nördlichen Stadtrand bildet ein kleiner Höhenrücken. Von hier müsste man eine gute Aussicht haben. Deshalb halte ich Ausschau nach Sendemasten, finde einen am Weg uns steuere ihn an. Als ich dort bin, stelle ich fest, dass das mit der Aussicht stimmt und dass die Stadtteilbewohner das auch wissen: sie habe dort eine Parkbucht gebaut und eine Bank hingestellt. Danke!
Hier hat man eine erstklassigen Blick über den ganzen Firth of Forth mit Dunfermline, dem Fährhafen Rosyth (die Fähre liegt schon da), den beiden Brücken und ganz Edinburgh. Schade, dass meine Knipskiste nur so ein mikriges Teleobjektiv hat. Die Aussicht nach da, wo ich hergekommen bin, ist auch gut und ich sehe eine riesige Regenfront auf mich zu ziehen. Also: rauf auf den Roller, noch schnell tanken - - - und es regnet bereits. Warten unter dem Tankstellendach bis zum vorläufigen Ende des Gusses..... Dann schnell weiter, denn es sieht so aus, als würde Petrus nur mal eben den Eimer wieder vollmachen.
Um halb 3 bin ich am Fährterminal und dort steht ein großes Dach für die Ticketkontrolle, hier kann mir nichts mehr in Sachen Regen passieren. Es sind schon einige andere Passagiere hier, die Abfertigung ist aber noch geschlossen und so können wir uns gegenseitig begutachten und unterhalten. Einige fernreisende Motorradfahrer sind auch dabei mit Maschinen nicht unter 60 PS. Eine von ihnen ist die alleinreisende Flora aus dem Landkreis Esslingen, die mit einer gekonnt vollbepackten Guzzi auf Fotosafari in Schottland unterwegs war. Wieso habe wir uns eigentlich nicht getroffen?
Nach der Kontrolle müssen wir noch eine dreiviertel Stunde warten, bis die Fähre freigegeben wird, da erwischt uns dann der zweite Guss, allerdings gibt es für Motorradfahrer wieder ein Dach und so können wir uns locker weiter über unsere Reisen unterhalten, über die besten Campingplätze, das beste "Bed&Breakfast"-Angebot, wo die schönsten Aussichtpunkte sind, welche Location man unbedingt gesehen haben müsste und das Sch ....-Wetter. Einige hat es in England erwischt, die sind natürlich jetzt die "Kings", denn sie können jetzt die furchtbarsten Schauergeschichten im Sinne des Wortes erzählen. Hab ich ein Glück gehabt ...
Auf der Fähre erwarte ich natürlich wieder Motorradstellplätze wie auf der Dover-Calais-Fähre, hat mir doch die Dame am Fährterminal noch gesagt, dass ich Glück mit dem Termin hätte, weil es der letzte Motorradplatz ist. Aber: keine Spur davon. Statt dessen müssen wir die Maschinen alle nebeneinander quer zur Fahrtrichtung des Schiffes auf die jeweiligen Motorradständer aufstellen. Dann fängt eine griechisch sprechende "Schiffsfachkraft" an, die Maschinen zu laschen. Erst ein Spanngurt von einem Haltepunkt des Schiffes zum Rahmen in der Mitte des ersten Motorrades, von der anderen Seite der ersten Maschine ein Gurt zum gleichen Punkt der nächsten usw. Ich bleibe, denn es kommt, wie ich vermutet habe: er findet am Roller nichts. Und ich kann dem ratlosen Mann die Gepäckroste des Rollers anbieten (die man ja unter den Taschen nicht sieht), was ihm tatsächlich ein dankbares Lächeln entlockt.
Die letzte Maschine wird dann wieder wie die erste mit einem stabilen Haltepunkt am Decksboden verzurrt. Und so stehen am Ende dann 2 Dutzend Motorräder nebeneinander, verbunden wie eine Halskette und ich bete: "Lieber Gott, mach, dass die Nordsee ruhig bleibt". Denn wenn auch nur ein Motorrad ins Kippen kommt, dann gibts hier einen "Domino-Day" der anderen Art ...
Die Fährfahrt ist im Firth of Forth noch interessant, weil man so schön Fotos machen kann, wird nach dem Bass-Rock aber langweilig. Ob ich wohl in dem Schlafsessel pennen kann?