Tag 23
Der Platz liegt ja direkt am Rhein und damit mitten im Tal und das Tal ist nicht verwinkelt oder versteckt, aber hier funktioniert heute der Mobilfunk nicht. Das merke ich, als ich morgends beim Kaffeemachen Nachrichten hören möchte. Das Netz ist da und zeigt auch eine gute Empfangsstärke, aber es kommen keine Daten durch. Verdammte moderne Technik.
In der Männerdusche steht ein Handwerker und will mit viel Lärm ein Urinal anbringen. Ich erkläre die Mädchendusche zur Unisex-Dusche und ziehe dorthin um. Das ist der Vorteil, wenn so wenig los ist.
Wir machen den Wagen fertig und fahren weiter Richtung Andermatt, wo wir nach Norden abbiegen müssen um, zu unserem nächsten Zielort Göschenen zu kommen. Auf dem Weg dahin erreichen wir etwa 10 Kilometer "hinter" Rueras nach einiger "Schwindelig-Fahrerei" den Oberalp-Pass.
Nach dem Abbiegen in Andermatt kommt man gleich durch die Schöllenen, eine ziemlich heftige Schlucht. Die Schweizer haben es mit viel Aufwand geschafft, eine ordentliche breite Straße und eine Eisenbahnstrecke hier rein zu zirkeln und das sollte man gesehen haben. (Für die Autobahn wurde ein Tunnel gebaut.)
Aus Wikipedia: "Die Schöllenen ist eine Schlucht im schweizerischen Kanton Uri zwischen den Gemeinden Göschenen im Norden und Andermatt im Süden. Durch die Schlucht fliesst die Reuss. Über den Fluss führt die bekannte Teufelsbrücke. Die wilde Schöllenenschlucht war seit alters ein nur schwer zu überwindendes Hindernis auf der Route über den Gotthardpass, die den Kanton Uri mit dem Kanton Tessin verbindet. Vermutlich um 1200 waren es Walser aus dem gegen Norden nur über den Bätzberg zu erreichenden Urserental, welche die Schlucht erstmals mit dem Bau eines für damalige Verhältnisse waghalsigen ersten Saumweges mit mehreren Brücken begehbar machten. - Zum Artikel
Leider wird an der Straße gebaut, und die Parkstreifen sind entweder gerade im Bau oder von Baumaschinen und Baumaterialien zugeparkt. Es gibt nur diese eine Stelle zum anhalten und die liegt zum fotografieren ungünstig. Und so stehen wir kurze Zeit später in Göschenen am Rathaus und überlegen, was wir jetzt machen. Auf jeden Fall schon mal ein dummes Gesicht!
Hier geht eine kleine Straße ab nach Westen zur Göschener Alp. Dort gibt es einen Campingplatz, auf dem wir eigentlich übernachten wollen. Aber wir entdecken rechtzeitig an der Straße ein Schild, dass der Platz nicht geöffnet ist.
Das ist die Stunde der Entscheidung, denn meine Planung sah vor, dass wir in Richtung Westen weiterfahren, um dann über den Simplon-Pass zum Lago Maggiore zu fahren. Aber wir sind spät dran, wollen nicht riskieren, in die Hauptferienzeit zu geraten und deshalb fällen wir die Entscheidung: Italien kann warten, wir fahren eine Abkürzung in den Engadin und folgen dann dem Inn nach Österreich.
Abkürzung in den Engadin heißt in diesem Fall: wieder zurück über den Oberalp-Pass Richtung Chur, bei Tamins abbiegen in das Hinterrheintal und entweder über den Julierpass oder den Albulapass nach Süden. In beiden Fällen landet man automatisch an Inn bzw. En, wie der Inn im Engadin heißt (daher En-gadin). Den Albulapass bin ich schon mit meinem Roller gefahren und deshalb weiß ich, dass die Straße eng ist, das kann mit dem Womo stressig sein. Deshalb: auf in Richtung Julierpass.
Am Oberalp-Pass fällt mir ein, dass ich ja für unsere Tochter Maike noch ein Foto machen könnte: vor Jahren hat sie sich hier in den Rhein gestellt und ich könnte genau die Stelle nochmal fotografieren. Außerdem gibt es dort einen guten Platz etwas abseits der Pass-Straße zum Abstellen des Autos, also eine gute Gelegenheit für eine Pause, auch für den Kater.
In Ilanz fahre ich diesmal rechtzeitig von der Hauptstraße runter und quere im Ort den Rhein. Auf diese Weise komme ich auf eine der schönsten Straßen der Schweiz: Ilanz - Bonaduz auf der südlichen Seite des Rheins. Die Straße ist so eng und so kurvig, dass man hier mit offenem Fenster fährt, damit man die Fanfare des Postbusses hört. Der Bus kündigt sich mit dem typischen Posthornsignal vor jeder Kurve an und wer die Fahrweise der Busse kennt, hält tunlichst sofort an passender Stelle ganz rechts an. Es ist auch sehr hilfreich, mitunter sein eigenes Fahrzeug durch Hupen vor Engstellen anzukündigen.
An eben dieser Straße liegt unser nächstes Übernachtungsziel: der Campingplatz Carrera, ziemlich genau gegenüber von Flims. Luftlinie sind es dorthin nur 5 Kilometer. Der Platz ist nicht sehr groß, liegt in Terrassen oberhalb des Dorfes und hat jetzt gerade Platz satt. Auch hier gilt: "Suchen Sie sich einen Platz, wir kommen abends vorbei". Super! Auch dem Kater gefällt es gut. Nebenan ist zwar eine Weide, aber Glocken hört man nur ganz entfernt.
Gegen Abend trudeln doch noch Gäste ein mit einem Wohnwagen. Die besetzen den Platz neben uns auf der Terrasse.
Und dann kommt auch noch Andrea. Sie ist Mitte 20 und fährt allein mit Fahrrad und Zelt durch die Schweiz. Heute ist sie über den Oberalp-Pass gefahren. Respekt!
Strecke: 103 km